Wer sich für Design, Interieur Design oder unkonventionelle Innendekoration interessiert, kennt das amerikanische Designer-Ehepaar Ray und Charles Eames. Zusammen haben sie mit ihren ausgefallenen Entwürfen und experimentellem Materialeinsatz die Design- und Möbelwelt des 20. Jahrhunderts revolutioniert.
Mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, sind ihre Möbelstücke bis heute gleichermaßen berühmt und beliebt. Das Designverständnis der Eames, dessen zentraler Punkt war, Möbel zu kreieren, die ein unmittelbares Bedürfnis des Menschen bedienen, inspiriert nach wie vor junge Designer auf der ganzen Welt.

Charles & Ray Eames (c) vitra
Aber wer waren die beiden Design-Ikonen?
Leben von Ray Eames
Bernice Alexandra Kaiser wurde 1912 in Sacramento, Kalifornien geboren. Schon als Kind bekam sie den Spitznamen Ray-Ray, der sich später in der gekürzten Fassung als Rufname etablierte. Über Ihre frühe Jugend ist nur wenig bekannt.
Studium und frühe Werke
1931 zog Ray mit ihrer früh verwitweten Mutter nach Millbrook, New York um an der May Friend Bennet School zu studieren. Nach Ihrem Abschluss 1933 setzte sie ihre Studien im Bereich der Malerei bei dem deutsch-amerikanischen Künstler Hans Hofmann fort. Während Ihrer Zeit bei Hofmann bis zum Jahre 1939 stellt sie eigene abstrakte Kunstwerke aus, macht sich einen Namen in der New Yorker Szene und verfeinert ihr Kompositions- und Designverständnis.
1940 trifft sie in Michigan auf Charles Eames und Eero Saarinen und hilft Ihnen bei den Vorbereitungen ihres Beitrags für den „Organic Design in Home Furnishings“-Wettbewerb des MoMA, New York. Ein Jahr später heiraten sie und Charles.

Charles und Ray Eames (c) vitra
Ray Eames – Eine lange unterschätze Designerin
Ray Eames starb am 21. August 1988, genau zehn Jahre nach Charles. In ihren Jahren als Witwe führte Ray einige Projekte des Eames-Office zu Ende und wurde dann Hauptarchivarin des Nachlasses. Mit dieser Aufgabe beschäftigte sie sich bis zu ihrem Tod.
Leider ist über Rays Wirken wesentlich weniger bekannt, als über das ihres Mannes Charles. Auf ihn richtete sich der Fokus des öffentlichen Interesses und die Medien. Man schreibt ihr jedoch die ästhetische Gestaltung der Eames-Entwürfe und das Design der Liege „La Chaise“ zu. Außerdem soll Ray über ein ausgeprägtes visuelles Gedächtnis verfügt haben. So veränderte und optimierte sie kleinste Details und Mängel der Designs immer wieder bis die außergewöhnliche Symbiose aus Stoffen, Materialien und Formen entstand, für die Eames-Designs heute bekannt sind.

Charles & Ray Eames, 1956 (c) vitra
Durchs Rays zurückhaltende Art, ist ihr lange Zeit nicht die Anerkennung zu Teil geworden, die sie verdient. Der Name und die Marke Eames war mit Bild des charismatischen Charles verwoben. In den letzten Jahren hat jedoch ein Umdenken stattgefunden. Mittlerweile besteht Einigkeit darüber, dass Ray mindestens einen gleichgestellten Beitrag zum Gesamtprojekt des Eames-Office beigetragen hat. Um ihr den gebührenden Respekt zu zollen wurde im Rahmen der Feier ihres 100. Geburtstag auf dem Vitra Campus in Weil am Rhein eine „Ray-Eames-Straße“ eröffnet, die sich mit der „Charles-Eames-Straße“ kreuzt.
„Ray konnte die Dinge in Beziehung zueinander bringen und die innere Ordnung finden in allem, was sie anfasste.“ (Gregory Ain, amerikanischer Architekt und Ingenieur für Ray und Charles Eames)
Leben von Charles Eames
Charles wurde 1907 in Saint Louis, Missouri geboren. Da sein Vater sehr früh verstirbt und Charles seine Familie finanziell unterstützen muss, beginnt er bereits im Alter von 14 Jahren in einem Stahlwerk zu arbeiten. Die Tätigkeit weckt in ihm den Wunsch, mehr über Technik und Architektur zu lernen.
Studium und erste Erfolge
Nach zweijährigem Studium an der Washington University in St. Louis eröffnet Charles 1930 sein erstes Architekturbüro. Außerdem heiratet er seine erste Frau Catherine Dewey Woermann, mit der er eine gemeinsame Tochter hat. Die Ehe wird jedoch 1941 wieder geschieden. Im Jahr 1938 erhält Charles ein Stipendium für die Cranbrook University in Michigan, wo er schließlich Ray trifft.
Die Hochzeit der beiden ist der Startpunkt einer unvergleichlichen Karriere. Die Talente von Ray und Charles ergänzen sich in unnachahmlicher Weise; ihr Blick für das Detail und die Kunst und sein Verständnis von Technik und Materialeinsatz.
Die Beiträge von Charles und Saarinen für den Wettbewerb des MoMa, das erste Projekt, bei dem Ray half, gewann die ersten beiden Plätze.
Charles Eames stirbt am 21. August 1978 in Saint Louis.
Werke und Designs von Charles und Ray Eames
Nach ihrer Hochzeit im Jahr 1941 ziehen die Eames nach Kalifornien. Von dort aus arbeiten sie während des zweiten Weltkrieges und unterschiedlichen Ideen und Produkten. Ihr Ziel war schon damals, die Bedürfnisse der Menschen zu erkennen und entsprechend zu handeln. Deshalb fokussieren sich Ray und Charles darauf, Hilfestellung während des Krieges zu geben. Sie entwerfen unter anderem Beinschienen und Tragen für verletzte Soldaten. Diesbezüglich experimentieren sie mit dem Formholz Plywood. Das Material fasziniert die Designer. Sie beginnen damit, Möbelstücke aus dem Schichtholz zu entwerfen. 1946 stellen sie Ihre Pionier-Stücke im MoMA New York aus.
„Design ist etwas, was man tut.“ (Charles Eames im Jahr 1941)
Kurz darauf, im Jahr 1948, beginnt die Zusammenarbeit mit der amerikanischen Firma Herman Miller, die die Eames Möbel bis heute für den amerikanischen Markt produziert und vertreibt. Ein Jahr später bauen sie das berühmte „Eames Haus“ in Kalifornien, das bis heute Pilgerort für junge Studenten und Architekten ist und in dem das Ehepaar bis zu seinem Tod lebte.
Die Plywood Group
Aus ihren anfänglichen Experimenten mit Plywood entwickelte sich später eine eigene Stuhlreihe. Der formschöne Stuhl aus dreidimensional geformten Sitzschalen war allerdings technisch nicht in großen Stückzahlen herzustellen. Die serielle Produktion gelang erst, nachdem Sitz-und Rückenschale voneinander getrennt und durch flexible Zwischenstücke, sogenannte „shockmounts“ miteinander verbunden wurden. Die Verbindungen werden noch heute in den Eames-Stücken, beispielsweise dem ikonischen Lounge Chair, verbaut und bewirken die besondere Flexibilität der Möbelstücke.
Die Fiberglas Group
Über Experimente mit Materialen wie Metall und Draht kamen Ray und Charles schließlich auf den Kunststoff Fiberglas. Im Rahmen des „Low Cost Furniture“ Wettbewerbs des MoMA entwarfen sie Stühle, deren Sitzschale aus einem einzigen Guss bestand. Das war die Geburtsstunde der bekannten Plastic Chairs. Vitra stellte Anfang der 90er Jahre aus umweltschonenden Gründen die Produktion der Stühle von Fiberglas auf das recycelbare Polyamid um.
Die Aluminium Group
Mit den Stühlen aus Leichtmetall wollten die Eames Sitzgelegenheiten entwerfen, die sich sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich eignen. Er sollte Leichtigkeit und Komfort ausstrahlen. Dazu verwendetes die Eames einen Rahmen aus Aluminium zwischen den sie die textile Sitzschale spannten. Durch hochfrequent verschweißte Nähte wird ein Durchsitzen der Sitzfläche verhindert und der Rückenbereich des Nutzers optimal unterstützt. Heute sind die Stühle aufgrund ihres modernen Aussehens und Langlebigkeit besonders in Büros und Konferenzsälen beliebt.
Der Lounge Chair
Der ikonische Clubsessel der Eames ist einer der bekanntesten Entwürfe. Ursprünglich für den Produzenten Billy Wilder ersannt, gewann der Lounge Chair schon bald Designpreise aus aller Welt. Er wirkt robust und leicht zugleich. Durch die „shockmount“-Technik, die auch hier zum Einsatz kommt, bleiben die Formholzsitzschalen flexibel und passen sich dem Nutzer individuell an.
„Wie ein gut getragener Baseballhandschuh“ Charles Eames.
Zusammen mit dem dazugehörigen Ottomanen kann man den Chair in unterschiedlichen Ausführungen sowohl bei Herman Miller als auch bei Vitra bestellen. Die Größe des Sessels wurde mittlerweile leicht angepasst und weicht vom Originalentwurf aus dem Jahre 1956 ab, da die Menschen seit dieser Zeit durchschnittlich größer werden.

Lounge Chair XL White Pigmented Walnut Leather Premium Clay (c) vitra
Die Eames und Vitra
Die Zusammenarbeit der Eames mit Vitra und damit verbunden auch ein Stückweit die Erfolgsgeschichte des Unternehmens, begann mit einer Amerikareise des Vitra-Gründers Willi Fehlbaum, während derer er eines Eames Entwurf in einem Schaufenster sah.
Die Besonderheit des Entwurfs, es handelte sich um einen Plywood Chair, inspirierte Fehlbaum dazu, Möbelhersteller zu werden. 1957 begann Vitra mit dem Vertrieb des Eames Designs in Europa. Bis heute ist Vitra der einzige lizensierte Händler der Vitra Möbelstücke für Europa und Asien. Herman Miller kommt dieses Privileg für die USA zu.
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